Schachtheorie
(Bauernendspiele, Turm gegen Bauer, Wolga-Gambit, Turm gegen Turm + Bauer) |
Heilbronner-Schachverein
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Gronk-Award |
Einträge 21-40 (vom 29. September '02 - 02. Januar '03) |
Eintrag #21 (vom 29.09.02)
Erster Mannschaftskampf in der neuen Saison. Da es nach Crailsheim ging,
trafen wir uns recht früh und ausnahmsweise waren alle pünktlich. Ich fuhr bei
Ralf mit, der in seinem Auto ein Navigationssystem hat. "Es ist ein
italienisches Navigationssystem", warnte er uns, was eine Anspielung auf seine
Automarke und die Zuverlässigkeit des Systems war. Und schon beim Losfahren
wollte uns das System eine andere Route nehmen lassen. Egal, wir fuhren los. Bis
Crailsheim ging es noch gut. Dann wollte das Ding, dass wir in eine abgesperrte
Fußgängerzone abbogen und lotste uns dann doch noch weiter und behauptete dann
felsenfest, wir wären am Ziel: Gaildorfer Straße. Dummerweise war es die
Goethestraße. Aber die Gegend war immerhin schon richtig. Mir kam sie vertraut vor
und siehe da, drei Straßen weiter waren wir am Ziel. Immer noch rechtzeitig
genug, um unten in der Wirtschaft eine Kleinigkeit zu trinken. Dann ging es
los. Es war keine gelungene Vorstellung von uns. Jürgen geriet schon früh als
Weißer in eine Wolga-Gambit ähnliche Stellung und fuhr gnadenlos ein. Marc
spielte Sizilianisch und wurde vom Gegner ebenfalls überspielt, bis sich dieser
veropferte. Es ging heiß her und Marc verpasste den Gewinnzug, um in einem
interessanten Endspiel zu landen, indem der Gegner Dame und Bauer gegen Turm und
Springer hatte. Lange Zeit sah es so aus, als ob Marc sich zubunkern könnte,
verlor aber dann doch. Richard spielte wie üblich ein Damengambit, tauschte früh
die Damen und kam in ein remisliches Spiel, das auch so endete. Und ich? Ja, ich
schoss die Krone ab. In deutlich besserer Stellung stellte ich die Dame ein.
Ralf kam in ein tückisches Endspiel, das bei genauer Spielweise gewonnen gewesen
wäre, wie es sich in der Analyse zeigte, aber am Brett die richtigen Züge zu
finden, war schwer. Thomas verlor sein Spiel, obwohl er durch ein Opfer die
Gelegenheit hatte, durch Zugwiederholung ein Remis zu erreichen. Wolfgang gewann
sein Spiel im Endspiel klar und Alfred kam als Schwarzer bei der spanischen
Eröffnung ebenfalls unter die Räder. Dem Bauernangriff f4,f5 war er nicht
gewachsen. So gab es ein trauriges 2:6 von unserer Warte aus gesehen, was
ausreichte, uns schon am ersten Tag ans Tabellenende zu katapultieren. Der
Klassenerhalt wird nicht so einfach sein, aber es sind ja noch 8 Spiele vor uns.
Eintrag #22 (vom 10.10.02)
Man stelle sich vor: Die beiden größten Lastermäuler vom Verein werfen mir vor,
ich würde mein Tagebuch nur zum lästern verwenden. Also wirklich! Aber ich greife vor, dies geschah erst spät in der Nacht. Zu
Beginn lag die dritte Runde der Stadtmeisterschaft vor mir. Wer hätte gedacht,
dass Jens Weiß so ein harter Brocken ist. Auf 1.e4 fiel mir nun mal nichts
besseres als e6 ein. Ich gelangte in Besitz der c-Linie, konnte aber nichts
rechtes damit anfangen. Die Türme wurden getauscht und dann öffnete ich
unnötigerweise meinen Königsflügel. Als Konsequenz musste ich im nächsten Zug
einen Damentausch anbieten und landete in einem Leichtfigurenendspiel mit je
zwei Springern und dem weißfeldrigen Läufer auf beiden Seiten, das leicht
vorteilhaft für mich war, aber sicherlich bei korrektem Spiel remis ausgegangen
wäre. [Scharfsinnige Geister können hier schon daraus schließen, dass das Spiel
nicht so ausging.] Nach Abtausch zweier Leichtfiguren war Jens Springer an die
Deckung seines Bauern gefesselt und mein Läufer kontrollierte das Brett so, dass
ich mit meinem König ins Zentrum vorpreschen konnte. Hier machte Jens einen
Fehler, verlor einen Bauern, und ließ sich seinen Springer an den Rand
einklemmen. Und der Zugzwang erledigte den Rest. Ich kann Jens gut verstehen,
als er sagte: "Ich gehe jetzt einen Trinken. Ich muss den Frust runterspülen."
Links neben mir spielte Heinz. Ab und zu warf ich einen Blick auf seine
Stellung. Sie war totremis, weshalb ich überrascht war, als Heinz plötzlich
rief: "Wo ist der Turnierleiter?" "Was gibt es Heinz?" fragte ich, da Alex vorne
an der Hotelbar war. "Die Zeit vom Eugen läuft nicht!" "Äh, ja. Weil du am Zug
bist." "Nein, nein. Eugens Zeit hätte schon lange bei halb vorbei sein müssen,
aber der Zeiger steht immer noch da, wo er vorhin war." "Heinz, ihr habt um halb
acht angefangen. Du hast knapp 1,5 Stunden verbraucht; Eugen gute zehn Minuten
weniger. Und jetzt ist es zwanzig nach zehn. Das passt doch." "Nein, nein. Ich
habe vorhin von dort hinten auf die Uhr geschaut und da war sie auf der gleichen
Stelle. Wo ist der Turnierleiter?" Heinz beharrte partout darauf, dass die Uhr
von Eugen nicht ging. Alex kam und schaute sich die Uhr an, testete sie und kam
zu dem Ergebnis, dass sie einwandfrei funktionierte, wovon alle anderen auch
überzeugt waren. Nur einer nicht. Heinz: "Ich habe von dort hinten vorhin auf
die Uhr geschaut und da stand der Zeiger an der gleichen Stelle, wie jetzt!"
"Heinz, du warst die ganze Zeit neben mir am Brett, wann willst du von dort
hinten auf die Uhr gesehen haben?" warf ich ein. "Ich habe mir doch die Stellung
von den anderen angeschaut." Ich schaute ihn zweifelnd an, denn in der letzten
halben Stunde hatte er sich garantiert nicht vom Brett wegbewegt. Alex meinte
dann, dass er die Uhr jetzt beobachten werde und sie weiter spielen sollten.
Nach zwei Minuten Beobachtung, in denen Heinz fortlaufend protestierte (und
damit langsam anfing, alle anderen zu stören, die ebenfalls noch spielten)
entschied Alex: "Die Uhr ist okay!" "Nein, der Zeiger hat sich nicht bewegt. Ich
möchte eine andere Uhr." An diesem Punkt entschied unser Turnierleiter richtig,
dass mit dieser Uhr weiter gespielt werden sollte, den sie funktionierte
einwandfrei und die Summe der verstrichenen Bedenkzeit beider Spieler entsprach
genau der Zeit, die seit Turnierbeginn verstrichen war. Und sollte Heinz sich
weiter in das Thema versteifen, würde er Sanktionen wegen unberechtigtem Protest
verhängen. Ich fand es dann als auch ausgleichende Gerechtigkeit, dass Heinz
durch Zeitüberschreitung verlor. Aber auch Alex verwickelte sich an diesem in
einem Widerspruch. Bei einer Diskussion mit Andreas Warsitz, meinte er, dass es
zuviel Aufwand wäre, allen Teilnehmern, per E-Mail die Ergebnisse zu schicken
und zudem total unnötig, da er ja die Ergebnisse auf der Homepage hochlädt. Die
Homepage zu aktualisieren wäre für ihn eine Angelegenheit von Sekunden und
überhaupt kein Aufwand. Worauf ich ihn dann darauf aufmerksam machte: "Jeder,
der ins Internet kann, hat E-Mail. Aber nicht jeder, der eine E-Mail Adresse
besitzt, kann auch ins Internet gehen, wenn es zum Beispiel eine geschäftliche
E-Mail Adresse ist." Und was den Aufwand des Verschickens einer E-Mail betrifft.
Einmal eine Verteilerliste einrichten und die Datei als Attachment einfügen ist
kein Aufwand. Als dann alles vorbei war fragte Marc, wie es denn mit Tandem
aussehe?. Jaro war dafür, fehlte noch ein vierter Mann. Jetzt fiel auf, dass
Jochen gar nicht da war. Wir hatten ihn den ganzen Abend gar nicht vermisst,
hehehe. Marc fragte Saygun, ob er mitspielen wolle. Darauf Saygun: "Auf keinen
Fall. Wenn ich Tandem spiele, kommt es bestimmt auf Christians Homepage." Und
jetzt fingen dieser orientalischer Chemikalienhändler und der Möchtegernprinz
aus Oedheim an, über mein Schachtagebuch zu lästern. Natürlich gingen ihnen nach
einigen Sekunden die Munition aus und Marc entschied sich, mit Jaro zu blitzen.
Saygun wollte auch eine - und nur eine - Blitzpartie gegen mich spielen.
Normalerweise würde ich es nicht für nötig halten, in mein Schachtagebuch zu
schreiben, dass ich gegen Saygun überzeugend (und noch mit einer Minute mehr
Bedenkzeit) gewonnen habe; aber, um es klar zu stellen, man muss nicht Tandem
spielen, um auf meiner Homepage verewigt zu werden. Und dann war es schon zwei
Uhr. "Zwei Uhr?" rief Alexander erschocken aus. "Mein Gott, ich dachte, es wäre
erst ein Uhr und ich muss morgen früh raus." C' est la vie.
Eintrag #23 (vom 11.10.02)
Ohne Vorwarnung tauchte ich beim Jugendschach auf. Saygun meinte natürlich, dies
täte ich nur, um Material für mein Schachtagebuch zu sammeln, und nicht, um die
Jugend zu unterstützen. Was ich vehement dementierte. Hielt Saygun natürlich
nicht davon ab, überall zu verkünden: "Passt auf, was ihr sagt! Sonst landet ihr
noch auf Christians Homepage." Ich frage mich, was soll daran so schlimm sein?
Ist es nicht eine Ehre, von mir erwähnt zu werden? Sei es positiv oder negativ?
Egal! Jochen, Johannes, Boris und ich beschlossen, Tandem zu spielen und gingen
rüber in den Nachbarraum, weil es dort ruhiger war. Dort saß Sascha an einem
Brett, Stefan Witte war dabei und noch ein Jugendlicher (Kannte ich nicht) und
analysierten wohl eine Partie. Ich hörte noch gerade Sascha sagen: "Hier muss
ich Fritz korrigieren: B4 ist ein wichtiger Zug!" Hmm, ist b4 bei Tandem auch
wichtig? ich nahm mir vor, als 1.b4 zu spielen. da Jochen mein Gegner war,
konnte ich es mir erlauben. Ich muss sagen, b4 war genial, Jochen stand so
schnell breit, wie selten zuvor. Es dauerte eine Weile, bis er sich auf b4
eingestellt hatte, aber ich kann in Anspruch nehmen, dass wohl noch niemand
Jochen nach 20 Sekunden hatte zwingen müssen, die Zeit laufen zu lassen. Aber
Jochen lässt die Zeit nicht laufen, wenn es keinen Sinn macht (außer Boris
spielt am Nachbarbrett und muss 25 Sekunden aufholen, was ihn ganze zwei Minuten
kostete) und ließ sich Matt setzen. An diesem Nachmittag spielte ich zur
Abwechslung mal gutes Tandem. Ich höre noch Boris jammern: "Es kann doch gar
nicht sein, dass ich nach 5 Zügen platt stehe?" Ebenso musste Johannes nach 40
Sekunden die Flaggen streichen, nur mein altes Übel hinderte mich daran, noch
mehr Punkte zu holen: Ich bin zu langsam. Hinterher blitzte ich noch ein wenig
gegen Boris und Johannes. Die ersten beiden Partien gegen Boris misshandelte ich
grausam und musste mit Dame (bzw. Material) weniger auskommen. "Gib doch endlich
auf!" meinte Jochen. "Nö!" Hinterher lief es besser. Boris stöhnte: "Oh, ich
kann gar nichts mehr! Habe die komplette Theorie vergessen." Dies ist so, wenn
man nicht mehr so oft Schach spielt, Boris. Du musst halt mal wieder in der
ersten Mannschaft spielen. Du weißt ja, dass wir ohne den aktuellen
Vereinsmeister es schwer haben. Das 2:6 gegen Crailsheim beweist es ja. Aber das
war es auch schon, liebes Schachtagebuch, was an diesem Tag so passierte. Es
hätte ja durchaus mehr sein können, wenn nicht Saygun überall rumgelaufen wäre
und die Leute aufgefordert hätte nichts zu sagen, was in dieses Schachtagebuch
aufgenommen werden könnte.
Eintrag #24 (vom 13.10.02)
Mannschaftskampf. Wir hatten was gut zu machen. Anfangs sah auch alles gut aus.
Nach 20 Zügen bot mir mein Gegner remis an, das ich auch annahm. Somit hatte ich
ab jetzt viel Zeit mir die Partien der anderen anzuschauen. Jürgens Partie war
ausgeglichen, Marcs ebenso. Richard stand in der Defensive, aber stabil,
Hans-Henrik machte Druck am Damenflügel, Ralf versuchte per Bauernsturm am
Königsflügel voranzukommen und die beiden Youngsters, Jul und Jo, lieferten bis
dato eine gute Partie ab. Auch die vierte Mannschaft, die zeitgleich mit uns
spielte, zeigte alle Anzeichen, zu gewinnen, da Michael schon eine Mehrfigur
gegen seinen Gegner hatte und die anderen auch nicht schlecht standen. Etwas
später reichte auch Marc seinem Gegenüber die Hand zum Remis und es stand 1:1.
Kurz darauf hatte Jürgen auch ein Remisangebot. Da aber in der Zwischenzeit es
offensichtlich war, dass der Königsangriff von Ralf verpuffen würde, und er mit
Minusbauern und schlechterer Stellung bestenfalls in einem Endspiel landen
würde, meinte Jürgen, er könne ruhig noch weiterspielen, seine Stellung wäre
leicht besser. Gut oder auch nicht´. Ich weiß nicht, wie es geschah, aber als
Jürgen versuchte, auf Gewinn zu spielen, kippte seine Stellung. Er bot Rüdeker
ein remis an. "Das glaube ich gerne!" kommentierte er dies laut und spielte
weiter. Etwas später war dann Jürgen gezwungen aufzugeben. Julian hatte
inzwischen auch einen Bauern eingestellt und sehr schlechte Zeit, übersah einen
Figurengewinn und verlor letztlich. Ein
Hoffnungsschimmer bot die Partie von Johannes. Er stand deutlich besser als sein
Gegner, versäumte es aber mittels b5 den Abtausch seines Springers zu
verhindern, kam in ein schlechteres Endspiel, indem der Gegner ihn zu einem
Remis kommen lies. Richard musste auch einen Bauern hergeben, konnte aufgrund
der ungleichfarbigen Läufern und der geschlossenen Stellung das Remis halten.
Auch Hans-Henrik stand mittlerweile schlecht und am Ende ging es dann wieder
einmal 2:6 aus. Wenigstens die 4. und die 5. Mannschaft gewannen (5:3 und
4,5:3,5). Unser Abschneiden wurde von Benjamin mit peinlich gewertet und es
wurde der Vorschlag geäußert, die 4. und 1. Mannschaft zu tauschen. Ha,ha,ha
(irres Lachen).
Aber es kann nur besser werden, warten wir auf unseren nächsten Gegner: Tamm.
Vielleicht werde ich dann etwas Positives berichten können.
Eintrag #25 (vom 17.10.02)
Was ist Tandem? Ein schlichtes Gemüt würde sagen, es ist eine Abart des Schachs.
Aber damit würde er nur zugeben, dass er die Frage nicht gründlich genug
interpretiert hat. Es geht um die grundlegende Philosophie des Tandem. Wie
sollte es man spielen: Mit Matteinsetzen? Ohne? Mit Bauernumwandlung? Hier
teilen sich die Geister. Um diese Fragen beantworten zu können, betrachten wir
erst einmal die Basiselemente des Tandemspiels. 1) Geist und Initiative sind
entscheidend. Was bringt es, mehr Material zum Einsetzen zu haben, wenn man
nicht am Zug ist, sondern der Gegner die Initiative hat? 2) Opferkombinationen
sind die Seele des Spiels. Es reicht nicht aus, mittels Opfern ein Loch in die
Verteidigung des Königs zu schaffen, man muss mit erfindungsreichem Spiel den
König weiter ins offene Feld zu treiben, oder dessen Deckung für den Mattangriff weiter zu
zerstören. 3) Erkennen von Schwachstellen. Vorgeschobene Bauern bilden die
Grundlage für einen Angriff, hinterlassen aber gleichzeitig Schwächen. Man muss
sowohl die eigenen, als auch die gegnerischen Erkennen. Okay, das reicht schon.
Streitpunkt 1: Matteinsetzen. Punkt 1) bis 3) werden beim Matteinsetzen genauso
erfüllt, wie ohne Matteinsetzen. Im letzteren Fall wird der Schwerpunkt aber
mehr auf die Kombinatorik gelegt, da es ungleich schwieriger ist, jemanden
Mattzusetzen. Mann muss dies durch ziehen erreichen, was Tandem hier näher ans
normale Schachspiel bringt. Meiner Meinung nach ist es nicht wirklich wichtig,
ob man mit oder ohne Matteinsetzen spielt, beide entsprechen dem Geist des
Tandems. Ganz im Gegensatz dazu steht das Umwandeln eines Bauerns. Beim Tandem
bekommt man Material von seinem Partner geliefert; hier noch von einem dritten
Brett eine Dame zu nehmen ist völliger Quatsch! Bestenfalls kann man sich noch
einigen, dass man eine Figur aus seiner Hand einsetzen kann. Ist aber auch
Schmarren und "Grabschen" ist Schwachsinn hoch unendlich. He, inzwischen fragt
ihr euch, warum ich hier einen Vortrag über Tandem halte. Nun, es war so: Das
20-Minuten Turnier hatte schon begonnen, als ich eintraf. Quasi mit mir trafen
Julian und Johannes und auch Jürgen Kleinert ein, den es zwischenzeitlich nach
Herford verschlagen hat und gerade zu Besuch war. Mein Vorschlag Tandem zu
spielen wurde sofort begeistert aufgenommen. Wir selbst spielen oft ohne
Matteinsetzen und natürlich ohne Bauernumwandlung. Jürgen kam damit überhaupt
nicht zurecht und rief aus: "Blöde Regeln. Was hat das den noch mit Schach zu
tun?" Gut, wir änderten dann die regeln auf: Matteinsetzen und Umwandlung nur
mit Figuren in der Hand. Baer auch hier sah es nicht sehr viel besser aus.
Jochen kam auch vorbei und wir wechselten uns ab. Irgendwie waren wir wohl etwas
zu laut. "Entweder seid ihr leise oder ihr spielt auf dem Gang!" drohte uns
Alexander der Geilfüßige. Etwas leiser, aber mit Enthusiasmus spielten wir
weiter. Wann immer ich Pause hatte, sah ich mir das Turnier aus. Von der
Besetzung war es sehr interessant; Bernd Muntzke, Karl-Heinz Weyhing, Heinz
Krämer, Michael Eberhard, Alexander Geilfuß, Werner Krämer und Jens Weiß
spielten. Eigentlich hatten bis auf Werner Krämer alle gute Chancen um die
ersten drei Plätze zu spielen, aber es war doch überraschend, dass der DWZ
zweitschwächste - Michael - das Turnier gewann! Eine starke Leistung. Aber ich
komme nicht umhin zu bemerken, dass gewisse Leute fehlten. Liegt es daran, dass
20 Minuten für die starken Spieler nicht so attraktiv ist? Apropos Fehlen. Das
Fehlen Sayguns, der normalerweise Johannes und Julian nach Hause fährt, führte
dazu, dass ich mich bereit erklärte, sie nach Hause zu fahren. Natürlich wollte
ein gewisser fauler Sack, der ganz in der Nähe wohnt, natürlich auch
heimgefahren werden. Drücken wir es so aus: In meinem TT hatte ich genügend
Platz, Jul und Jo auf der Rückbank eher weniger. Johannes: "Hoffentlich sind wir
gleich da." Passend, dass gerade ein Kreisverkehr kam. Ich fuhr spontan noch
eine Ehrenrunde. Johannes: "Aah, ich muss gleich kotzen!" Die restliche Minute
nutzen beide noch, um Jochen zu piesacken. Er zuckt immer so herrlich zusammen,
wenn ihn jemand mit den Fingern am Nacken packt oder sie in seine Seite bohrt.
Leider konnte ich mich nicht so richtig dran beteiligen, da in dem Wagen keine
Autopilot eingebaut ist.
Eintrag #26 (vom 20.10.02)
Liebes Schachtagebuch. Heute schlief ich erstmal gemütlich aus. Nach einer
Dusche und einem gemütlichen Frühstück machte ich mich auf zum Schachspielen.
Nein, liebes Tagebuch, ich kam nicht zu spät, da heute die zweite Mannschaft
spielte und ich nur als Cheerleader diese anfeuern wollte. Beim Betreten des
Spiellokales sah es dann auch erfreulich aus. Mit 3,5 zu 0,5 Punkten deutete alles
auf einem Sieg hin und so sollte es dann auch werden, liebes Tagebuch. Ich
verzeichne in deinen Seiten einen deutlichen Sieg der zweiten Mannschaft, der
durchaus hätte auch höher ausfallen können, hätte Johannes seinen Gegner nicht
quasi Patt gesetzt. Aber so kann es geschehen. Die Stimmung war sehr gut und man
hörte schon Stimmen vom Aufstieg reden. Was ich aber gar nicht gut fand, war die
Frage, wie es wäre, wenn die erste Mannschaft nächste Saison dann auch in der
Landesliga spielen würde? Diesen Pessimismus kann ich überhaupt nicht gut
heißen, liebes Tagebuch. Die erste Mannschaft steigt nicht ab(!), weshalb jede
Diskussion um Mannschaftsaufstellungen Makulatur ist! Und solltest du diese
Seiten lesen, lieber (???) Jochen, so nehme doch zur Kenntnis, dass du eh nichts
dazu zu sagen hast, da du aufgrund der verrückten Idee, Mathematik zu studieren,
nicht mehr hier sein wirst. Aber kleine Sünden straft der liebe Gott sofort! So
musste Jochen mit Heinz Tandem spielen. Sehr zu Erheiterung aller anderen.
"Heinz, gibt mir den Läufer da. Schlag ihn raus!" Heinz: "Nee, das hat noch
Zeit." Ja, liebes Schachtagebuch, Situationen wie diese tauchten immer wieder
auf: "Heinz, du solltest mich doch vorher informieren, bevor du die Dame her
gibst. Hast du das nicht gehört?" "Doch habe ich, aber ich habe die Dame doch
nicht verloren. Ich habe sie getauscht." Wir amüsierten uns alle (na ja, fast alle
bis auf einen)
königlich. Nach fünf Partien gab Jochen entnervt auf. Angesichts meiner guten
Laune machte es dann mir auch nicht aus mit Heinz zu spielen. Wir spielten noch
ein paar kleinere Partien, dann gingen wir gemütlich nach Hause.
Eintrag #27 (vom 25.10.02)
Ich muss ehrlich sagen, mit der Pünktlichkeit nehmen es viele Schachspieler
nicht so genau. Als ich zur 4. Runde der Stadtmeisterschaft antrat (10 Minuten
zu spät), waren über die Hälfte aller Bretter unbesetzt, so viele Leute fehlten
noch. Dass der Turnierleiter auch fehlte setzte dem ganzen noch die Krone auf.
Aber egal, ich spielte gegen Heinz und richtete mich auf eine lange, laaaaange
Partie ein. Das ist bei Heinz immer der Fall. Von der Eröffnung her war ich
leicht in Vorteil und es gab ein positionelles Ringen, das immer mehr zu meinem
Gunsten verlief, da die Läufer von Heinz eingesperrt waren und nicht
mitspielten. Aber das dauerte natürlich. Ich bestellte mir ein Colabier und
trank gemütlich. Jürgen meinte zu mir: "Also, wenn mein Gegner während der
Partie ein Bier bestellen würde, würde ich mich beleidigt fühlen." Es war ja nur
ein Colabier. Mit der Zeit füllte sich der Saal. Als sich die Tür wieder einmal
schloss, klopfte es. Karl-Heinz, machte auf und ließ das Grauen (ihr könnt euch
denken, wen ich meine) herein. "Karl-Heinz, warum hast du die Tür bloß
aufgemacht?" fragte ich vorwurfsvoll. "Ich konnte doch nicht wissen, wer davor
steht!" meinte er. Nun war es zu spät. Während meiner Partie hatte ich genügend
Zeit herumzulaufen und mit den Leuten zu quasseln. Der Nachteil ist: Reden macht
durstig. Konsequenterweise bestellte ich mir ein zweites Colabier. Ob es an
diesem lag oder nicht, auf jeden Fall schoss ich in meiner Partie einen
gewaltigen Bock: Anstelle den Springer auf e4 zu schlagen und dann Se5 zu
spielen, machte ich letzteren Zug zuerst, total übersehend, dass jetzt c6-c5
ging. Ich merkte dies plötzlich und fing an zu rechnen: Egal wie, in jeder
Variante würde ich mindestens eine Figur verlieren bei nachfolgender schlechter
Stellung. Gott sei Dank waren die Varianten alle kompliziert und Heinz
verrechnete sich. Er meinte, dass ich noch etwas drin hätte und tauschte zuerst
den Springer auf e5 bevor er c5 zog. Nun, danach gewann ich einen Bauern, hatte
das bessere Spiel und nach dem Damentausch hatte ich zwei Bauern mehr, Heinzens
König abgesperrt und ihm drei Isolani und einen Doppelbauern verpasst. Das
folgende Turmendspiel gab Heinz dann schnell auf, es war hoffnungslos. Am Ende
analysierten Jochen, Heinz und ich die Stellung. es stellte sich heraus, dass c5
wirklich schnell zu meinem Ende geführt hätte. Heinz: "Oh Mann, einmal so eine
Stellung gegen Christian zu bekommen ist ein Traum. Hätte ich nur c5 gespielt."
Jochen: "c5 hätte spielend gewonnen." "Habe ich auch." "Nach dem Tausch war c5
schlecht, weil du zwingend den Bauern verlierst, Heinz", erwiderte ich. "Da
stand ich so gut und habe doch verloren", sagte er. "Nee, wenn ich zuerst den
Springer auf e4 schlage und dann Se5 spiele, stehe ich bedeutend besser." Heinz
glaubte es nicht und nach etlichen, sich ständig wiederholenden Varianten
(Heinz: "Ich möchte noch einmal sehen, was auf den Zug geschieht." Jochen oder
ich: "Das hatten wir schon Heinz, dann kommen wir wieder hierhin.") sah Heinz
ein, dass er zuerst einen und dann noch einen zweiten Bauern verlieren würde.
Der Turnierleiter hatte sich inzwischen auch die Ehre gegeben. Er fragte mich,
ob ich die Ergebnisse aufschreiben und auf die Homepage setzen könne. "Klar",
sagte ich. Alex: "Kann ich mich darauf verlassen?" Du blöder Depp! Wenn ich
sage, ich mache etwas, dann mache ich es auch! Genau so wie die Sache mit den
Uhren. Alex: "Hast du schon die Schachuhren bestellt? Wir brauchen sie für das
Halloween-Blitzturnier." "Ich habe deswegen schon mit Ralf geredet und Ralf
sagte zu mir, er werde mir ein Angebot schicken. Ist aber bis jetzt noch nicht
eingetroffen." "Aber wir brauchen die Uhren dringend, die Zeit wird langsam
knapp." "Ich werde morgen noch einmal eine Mail an Ralf schicken." "Kannst du
mir versprechen, dass die Uhren noch rechtzeitig ankommen?" "Äh, wie kann ich
das? Ich muss doch erst auf Ralfs Angebot warten. Wenn es da ist, werde ich
sofort die Bestellung losschicken." "Ohne Uhren können wir das Turnier nicht
durchführen, es muss dann ins Wasser fallen." "Alex, wir können uns Uhren auch
ausleihen, das ist kein Problem." "Aber ich muss mich doch irgendwie richten
können. Kannst du mir versprechen, dass die Uhren rechtzeitig kommen?" "Richte
dich darauf ein, dass die Uhren nicht rechzeitig kommen. Falls ich das Angebot
von Ralf bekomme und Montags die Bestellung aufgebe, sind die Uhren da.
Ansonsten nicht." "Soll ich mich darauf einstellen, dass wir keine Uhren haben
werden?" "Gute Idee, Alex." Mein Gott, wie schwierig ist es, ihm das
verständlich zu machen. Er kapierte einfach nicht, dass ich an Ralf eine
Anfrage gerichtet habe und auch darauf warte, dass er sich meldet. Und das es
immer gut ist, sich sicherheitshalber Uhren aúszuleihen, auch wenn man sie nicht
benötigt. Na ja. Jürgen hatte inzwischen seine Partie gegen Eugen gewonnen, da
dieser die Qualität einstellte. Bei korrekter Verteidigung hätte Eugen zwar auch
einen Bauern verloren, aber das Turmendspiel mit 3 gegen 4 Bauern am gleichen
Flügel sollte trotzdem remis sein. In der nächsten Runde werde ich dann gegen
Jürgen antreten müssen. Das hat das Programm Swiss-Chess zur Abwechslung korrekt
ausgelost, im Gegensatz zu einigen anderen Paarungen. Das Programm ist
diesbezüglich einfach grauenhaft. Ich verstehe nicht, wie man sich so etwas
schlechtes kaufen kann.
Eintrag #28 (vom 31.10/1.11.02)
Wir wissen es von den Amis: Am 31. Oktober ist Halloween. Und in
Baden-Württemberg ist am 1. November Feiertag. Unser Spielleiter hat ein
Halloween - Nachtblitzturnier ausgeschrieben und 28 Teilnehmer wollten es sich
nicht nehmen lassen, 12 Stunden zu spielen nebst anschließendem Frühstück. Es
gab nur ein kleines Problem. Traditionell findet am 1. November immer das
Bezirksblitzturnier statt mit der Möglichkeit sich zu qualifizieren. Gut, das
Einzel war mir nicht so wichtig, aber das Mannschaftsblitz am Nachmittag schon.
Aber wie sagt man so schön: Mann oder eine Memme! Ich entschied mich beides zu
tun. Von mir abgesehen wollten sich noch 27 andere Verrückte die Nacht um die
Ohren schlagen. Der überwiegende Teil bestand aus Jugendlichen, die sich dieser
Erfahrung stellen wollten. Bei der Ausschreibung wurde den Spielern ein nachlass
beim Startgeld gegeben, die verkleidet erschienen. Da ich direkt vom Geschäft
herkam, konnte ich mich nicht entsprechend ausstaffieren, aber ich dachte, dass
ein paar andere schön gruselig daherkamen. Mein Gott, sind Schachspieler
konservativ! Nur Michael Kapusta kam mit weiß geschminkten Gesicht und schwarzen
Augenringen. Er sah wunderschön Furcht erregend aus, was Saygun etwas aufstöhnen
ließ. (Originalton: "Da muss ich gegen die Müdigkeit ankämpfen und mich aufs
Spiel konzentrieren und wer sitzt neben mir? Kapusta!") Die einzigen
Teilnehmer, deren DWZ
über 2000 lag, waren Jürgen und ich. Laut Modus spielten wir ein
Doppelrundensystem. Nach der Hinrunde führte Jürgen mit zwei Punkten vor mir und
das obwohl ich gegen ihn gewonnen hatte. Ich hatte mir zu viele unnötige
Niederlagen geleistet. Aber ich war nicht der einzige, bei dem es nicht gut
lief: "Ich hasse dieses Spiel!" tönte es plötzlich laut im Turniersaal. Sascha
frustrierter Ausruf sorgte für Stimmung. Bei der Rückrunde lief es für mich
glänzend. Ein Sieg nach dem anderen reihte sich ein, bis ich auf Saygun traf. Er
wurde zerlegt und was mache ich Trottel? - Ich setzte ihn in meiner Zeitnot
patt. Wenigstens einen, den ich fröhlich stimmte. Dann kam endlich die letzte
Runde, he - ich führte mit einem Punkt vor Jürgen! Konzentriert begann ich die
letzte Partie. Plötzlich wurde es mir schwummrig, die Nacht forderte ihren
Tribut. Ich fühlte mich, als ob über mich eine Glocke gestülpt wurde, alles
schien zäh dahin zu fließen. Mit Müh und Not schaffte ich die Partie und zum
Glück gab es schon das Frühstück. Das brachte mich wieder auf die Beine.
Zumindest halbwegs, so dass ich hinterher den Pokal entgegen nehmen konnte ohne
umzukippen. Während des Frühstückes überredeten wir (Saygun et moi) Sascha, Alex
und Michael Eberhard ebenfalls am Mannschaftsblitz teilzunehmen. Die vier
Stunden bis dahin wollte ich schlafend verbringen. Es half aber nicht, beim
Mannschaftsblitz spielte ich so grauenhaft, dass es nur Marc, Saygun und
Johannes zu verdanken war, dass wir vor der letzten Runde führten. Ein 2:2 gegen
Biberach in der letzten Runde hätte uns zum Meister gemacht. Aber ich war gegen
eine Vereinbarung. Meiner Meinung nach sollte ein sportlicher Erfolg ausgespielt
werden und nicht am grünen Tisch ausgehandelt werden. Wir spielten und es sah
nicht gut aus. Es stand schon 2:1 für Biberach und Marc spielte gegen Eugen an
Brett 1. Eine Niederlage von 1,5:2,5 hätte laut Tabelle uns mit Bietigheim
gemeinsam auf Platz eins gebracht: Mannschafts- und Brettpunkte gleich. Marc bot
remis an und Eugen nahm es an, denn sowohl beim direkten Vergleich, als auch bei
der Sonnenbornberger Feinwertung wären wir vorne gewesen, wenn da nicht... Ja,
wenn da nicht eine zusammen gewürfelte Mannschaft mit gespielt hätte, die
hinterher komplett gestrichen wurde! Da wir gegen diese 4:0 gewonnen hatten,
Bietigheim aber nur 3:1 waren diese vorne. Marc, der dies nicht mitbekommen
hatte, war erzürnt. "Entweder hättet ihr die Mannschaft nicht mitspielen lassen
dürfen oder sie gar nicht in die Tabelle aufnehmen sollen", warf er Andreas und
Hubert Warsitz vor, die die Turnierleitung machten. "Die Tabelle wird dadurch
falsch!" Recht hat er. Denn eine Tabelle zu veröffentlichen, bei der hinterher
Punkte gestrichen werden, führt zu einer Verzerrung. Man müsste ja dann im Kopf
sich ja merken, wie jeder gegen jeden gespielt hat um den tatsächlichen Stand zu
kennen, was unmöglich ist. Für uns gab es da keinen großen Unterschied, ob Platz
1 oder 2, wir wären auf jeden Fall qualifiziert, aber wenn es jetzt um die
Qualifikation gegangen wäre? Marc hätte gegen Eugen auf Gewinn spielen können,
beide hatten nur noch ca. 30 Sekunden auf der Uhr. Wenn er auf Zeit gewinnt wäre
es 2:2 ausgegangen und Marc hätte auf Zeit gespielt, wenn er das mit der
Streichwertung gewusst hätte. So gab es Diskussionen. Andreas Warsitz ist zwar
ein netter Kerl, hat aber mit Kritik so seine Probleme, er wird dann. "Ich habe
es am Turnieranfang gesagt, dass die die Mannschaft gestrichen wird und wenn du
das nicht mitkriegst, weil du die Nacht durch beim Halloween Turnier mitgespielt
hast ist das dein Problem", warf er Marc vor. Tja, zwar haben aus unserer
Mannschaft drei Leute beim Halloween mitgemacht, aber Marc gehörte nicht dazu,
lieber Andreas. Und außerdem geht es darum überhaupt nicht. Wie Marc sagte,
dürften die Ergebnisse gegen die Streichmannschaft nicht in einer Tabelle
veröffentlich werden. Es dauerte einige Zeit, bis dieser Punkt allen Beteiligten
(Turnierleitung) klar wurde. Wir wollen nicht auf Platz 1 gesetzt werden,
sondern einfach auf einen gravierenden Fehler hinweisen, der sich so nicht
wiederholen sollte. "Das haben wir aber immer so gemacht und bisher hat sich
keiner beschwert!" - ist wohl alles andere als eine Rechtfertigung, Andreas.
Aber was soll's. Das Turnier ist vorbei und in der Zukunft will Hubert dann
keine falsche Tabelle veröffentlichen, was ja Sinn der Sache war.
Eintrag #29 (vom 7.11.02)
Man verleihe mir einen Award! Mein Schachtagebuch wurde als hervorragende
Idee gelobt! Als gut wurde sie bezeichnet, aber auch als - satirisch? Aber sie
gefällt einigen Leuten sehr gut und man möchte dies nachahmen. Das einzige
was mich dabei nachdenklich stimmen könnte, ist, dass dieses Lob von Alex kam.
Aber ihm gefällt mein Schachtagebuch und er möchte ein ähnliches Tagebuch auch
führen, wobei er Begriffe wie Gegendarstellung und so weiter erwähnte. Schwamm
drüber. Apropos, erwähnte ich nicht im Beitrag #27 das grauenhafte Programm namens Swiss-Chess?
Yoh! Heute Abend stand die 5. Runde der Stadtmeisterschaft an und ich musste
gegen Jürgen antreten, wie ich sehr wohl wusste. hatte ich doch nicht die
Paarungen abgeschrieben und auf unserer Vereinshomepage veröffentlicht? Hatte
ich und drei Tage vorher bekam ich eine Mail von Alex, indem er mir mitteilte,
dass die Paarungen falsch seien. So würde Kay gegen einen Gegner kommen gegen
den er schon gespielt hatte. Ich war schon der Meinung ich hätte die Paarungen
falsch abgeschrieben bzw. hätte beim Erstellen der Homepage Fehler gemacht. Da
ich die Liste der Paarungen nicht mehr besaß, bat ich Alex mir diese noch einmal
zuzusenden. Dies tat er auch und zu meinem großen Entzücken (Entzücken deshalb,
weil es mir die Gelegenheit zum Lästern verschafft [muss mich ja gegen Saygun
und Marc behaupten können]) las ich den Satz, dass das Programm doch falsch
ausgelost habe. Das Ding gehört auf den Schrott! Ich meinte ironischerweise zu
Alex, dass er lieber noch einmal alle Punkte zusammenzähle solle, vielleicht
macht das Ding noch mehr Fehler! Verlassen wir diesen Punkt und widmen uns der
Stadtmeisterschaft. Meine Partie gegen Jürgen nahm meine volle Konzentration in
Kraft. War ich in der Grünfeld-Indischen Eröffnung so dämlich und spielte den
Springer nach f3 statt e2. Selbstverständlich war Jürgen nach der Fesselung Lg4
in Vorteil und es gab ein zähes Ringen. Aber ich verlor den d4-Bauern nicht und
irgendwie verflachte Jürgens Angriff und plötzlich hatte ich einen Mehrbauern
und das bessere Spiel, nur meine Königsstellung war etwas offen. Nach Tausch
beider Türme hatten wir beide noch die Dame und ungleichfarbige Läufer. Mit
meinem Mehrbauern war die Stellung remis, aber jetzt fing ich an Schrott zu
spielen. Durch ein geschicktes Manöver von Jürgen gewann er den Bauern zurück
und ich tauschte die Damen. Hiernach war die Partie immer noch remis, doch
zweimal versäumte ich dies und plötzlich kam ich ins Hintertreffen und verlor
noch die Partie. Schade, ein Remis hätte mir noch alle Chancen offen gehalten.
So kann ich Jürgen schon vorzeitig zur Stadtmeisterschaft gratulieren.
Eintrag #30 (vom 10.11.02)
Dichte Nebelschwaden lagen über dem Land
die dritte Runde der Verbandsliga anstand.
Zur Kelter in Tamm ging für uns die Reise
und ich hoffte, dass die Mannschaft mal beweise
dass sie sich spielerisch nicht muss verstecken
man muss an sich glauben und den Siegeswillen wecken.
Hin und her schob man die Schachfiguren
gab mal Schach und drückte auf die Uhren
doch Caissas Hauch die Tammer leicht berührte
und sorgte, dass die Mannschaft mit 2:0 schnell führte.
Ein Remis von Heinz an Brett Acht - und von mir
ein Sieg im Wolga-Gambit an Brett Vier
ließ den Vorsprung wieder schrumpfen
und wir konnten mit frohen Mut neu auftrumpfen.
Bald stand es dank Ralf schon drei zu drei
an den letzten Brettern gab es eine wilde Keilerei
doch die Wogen des Kampfes ebbten bald ab
an remisliches Händeschütteln es gab
Mit einem Mannschaftspunkt fuhren wir nach Hause
und haben bis zur nächsten Runde 3 Wochen Pause.
Eintrag #31 (vom 14.11.02)
Die Stadtmeisterschaft schreitet voran, doch leider ohne mich. Jetzt habe
ich auch noch gegen Eugen verloren, womit mir bestenfalls noch ein Platz 3
winkt. Auch wenn es keine gute Partie von mir war, so war sie doch interessant
und es gab viele taktische Elemente. Bei der Analyse stellten wir fest, dass es
einiges gab, was ich übersehen hatte, aber auch Eugen sah das eine oder andere
nicht. Aber am Ende zählt nur das Ergebnis. Es gab am diesem Abend mal wieder
überraschend viele Besucher. So war mal wieder Wolf da. Er hatte seine Sammlung
von Mattproblemen dabei und konnte auch einige verkaufen. Ich stand mit Saygun,
Julian und Karl-Friedrich im Flur und wir quasselten, als Saygun bemerkte, wie
Wolf die Euros für sein Mattproblembuch entgegen nahm. "Was geht hier für ein
Deal ab?" fragte er grinsend. -> DAS ist der BEWEIS für meinen Eintrag #22: Hier
sehen wir, wer zu den größten Lastermäulern des Vereins gehört! Und ich neige
nicht zu Übertreibungen! An dieser Stelle kamen wir dann auch auf mein
Schachtagebuch zu sprechen. Julian, der es bisher noch nicht kannte (dies nun
wohl tunlichst nachholen wird), fragte mich dann, was denn so alles drin steht.
"Ach, alles was so passiert. Alles, was außergewöhnlich oder lustig ist." "Steht
da auch der Crash von Saygun drin?" Oh Nachtigall, ich hör dich trapsen! "Was
für ein Crash fragte ich neugierig zurück?" "Sei bloß ruhig! Sag ja nichts!"
entgegnete Saygun hastig. Julian fragte mich dann, ob ich nicht die Episode
kenne, wo Saygun gegen die Glastür gerannt ist. Nein, kannte ich noch nicht.
Hört sich ziemlich lustig an, aber am erleichterten Ausatmen Sayguns erkannte
ich, dass es sich nicht um den Crash handelte, von dem Saygun befürchtete, dass
er ans Tageslicht käme. Aber liebe Leser, ich gelobe dem nachzugehen und werde
zur gegebener Zeit darüber berichten. Dies kann allerdings eine Weile dauern, da
ich demnächst in die Schweiz fahre.
Eintrag #32 (vom 28.11.02)
Gleich nach meinem Eintreffen wartete eine Schocknachricht auf mich: Thomas
Wiebecke, dem wir unserem Aufenthalt im Hotel Kastell verdanken, wird nicht mehr
länger Geschäftsführer sein. Seine Zeit in Heilbronn nimmt ein Ende und die
Frage ist es, ob es auch das Ende des Heilbronner Schachvereins im Hotel Kastell
bedeutet? Mir persönlich gefällt es hier sehr gut und es wäre schade, wenn
dieses wunderschönes Ambiente verloren ginge. Auf jeden Fall werde ich Sonntags
mehr wissen, dann treffen sich alle Beteiligten um die Diskussion. Mit dieser
Hiobsbotschaft beladen kann man verstehen, dass ich das Monatsblitzturnier nicht
gewonnen habe (Spötter mögen bemerken, dass dies anders auch nicht passiert
wäre). Aber es gibt auch positives zu berichten. So erwähnte Marc, den ich in
dieser Woche in Karlsruhe besuchte, dass er mein Tagebuch sehr interessant
findet und regelmäßig reinschaut. Und Karl-Friedrich Nieke begrüßte mich sofort
sehnsüchtig mit der Frage: "Wann erscheint dein nächstes Update?" Der
Schachgesundheitsminister warnt: "Vorsicht! Wer sich diesem Schachtagebuch
aussetzt läuft Gefahr, danach süchtig zu werden. Weitere Risiken und
Nebenwirkungen sind nicht ausgeschlossen." Aber kommen wir zurück zum
Monatsblitz. 14 Teilnehmer waren am Start; neben Jaroslaw waren noch die Zwei
Eisenbeisser und Hans Dekan am Start, die ich als Mitstreiter um den Titel
ansah. Laut Auslosung durfte ich am Brett 1 sitzen bleiben und das Brett drehen.
Helmut, der mit dem Vorsatz, Krankheitserreger zu verbreiten, gekommen war,
setzte sich dann vorne hin und meinte, wenn er mir zuschaut, könne er was
lernen. Er ließ es aber offen, ob er lernen wollte wie man Schach spielt oder
wie man es nicht spielt. Der Anfang lief gut, ich holte meine Punkte und es war
so Runde 5, als Alex sich an mein Brett setzte. "Heute darfst du alles über mich
in deinem Schachtagebuch schreiben", sagte er. "Ich spiele so schlecht." ich
grinste, KF Nieke, der dabeistand grinste auch. "Gut!" erwiderte ich und zu KF
sagte ich: "Du bist mein Zeuge!" Ich gewann und Alex stöhnte, weil er
immer noch Null Punkte hatte. In der nächsten Runde hörte ich wieder Alex: "Mein
Gott, heute werde ich nur noch zusammen geschoben. Trocken meinte ich: "Daran
müsstest du ja gewöhnt sein!" Gegen Jaro machte ich remis und alles lief gut,
bis ich gegen Drofenik kam und verlor. Damit führte Jaro, der schon die starken
Eisenbeissers gehabt hatte, gegen die ich noch kommen musste. Okay, Amadeus
hatte ich im Griff und gewann, aber gegen seinen Vater stand ich in der letzten
Runde breit. Ein Turmendspiel mit 3 Mehrbauern sollte eigentlich für ihn
gewonnen sein, aber nachdem er mehr oder weniger ziellos seine Figuren hin und
herschob, deutete ich auf sein Blättchen, das gefallen war. "Ich sollte mit dem
Schach aufhören!" schimpfte er und war drauf und dran zu gehen. "Was ist mit dem
Preisgeld?" fragte Jaro. "Nimm du es", sagte er. Aber dann beruhigte er sich
wieder und blieb doch noch. Hinterher blitzte ich einige Partien mit Jaroslaw,
aber da ich früh morgens wieder nach Karlsruhe fahren musste, wurde es nicht
allzu spät.
Eintrag #33 (vom 01.12.02)
Ich vermerke, dass die erste Mannschaft wieder gewinnen
kann. Im Kellerduell gegen den SC Leinzell ging es um alles oder nichts. Deshalb
stieg ich etwas früher aus den Federn auf und warf einen Blick in mein
Theoriebuch, um mir das Wolga-Gambit etwas mehr zu verinnerlichen (kam deswegen
10 Minuten zu spät, was nichts machte, da der Gegner auch nicht pünktlich war).
Hätte ich mir sparen können, mein Gegner spielte Albins Gegengambit, von dessen
Theorie ich überhaupt nichts kenne. Ich überlegte kurz, ob ich nicht wie schon
einmal einfach 3.Sc3 spielen sollte. Bei der Variante opfert Weiß einen Bauern
und erlangt selbst Angriffsspiel, wodurch sich Schwarz verteidigen muss. Gegen
Angriffsspieler ist die psychologisch von wert und ich habe einmal eine
wunderschöne Kurzpartie auf diese Art gewonnen. Aber dann entschied ich mich für
das prosaische dxe5. Nach 3.- d4 4.Sf3 Sc6 spielte ich a3, was mein Gegner nicht
kannte. Als Folge fand er nicht die richtigen Züge. Kurze Zeit später konnte ich
durchein taktisches Manöver unter Abtausch zweier Leichtfiguren noch seinen
d-Bauern gewinnen. Sollte es mir gelingen, weitere Figuren zu tauschen, war ich
mir sicher, das Spiel gewinnen zu können. Ich schaute mir an, was die anderen
machten: Jürgens Stellung war verwickelt, die Damen schon weg vom Brett, Marcs
Stellung unklar; Richard spielte ein solides Wolga-Gambit, da mache ich mir um
ihn keine Sorgen. Hans-Henrik stand ausgeglichen mit leichten Vorteilen, Thomas
hatte als Weißer im Sizilianischen seine Figuren schlecht entwickelt, dass ich
mir Sorgen machte, er würde verlieren. Heinz versuchte als Schwarzer einen
Angriff am Königsflügel, der objektiv gesehen zu optimistisch war und Johannes
stand schlechter. Er durfte nicht klein rochieren, weil er voll in einen
Königsangriff geraten wäre und bei der großen Rochade hätte er seinen eigenen
Angriffsversuch am Damenflügel aufgeben können, wohin Schwarz gezogen war. Und
in der Mitte stand der König einfach unsicher. Ich setzte mich wieder an mein
Brett und war überrascht, als eine halbe Stunde später Thomas mich fragte, ob er
remis machen dürfte; sein Gegner hatte es ihm angeboten. Da ich meine Partie
schon insgeheim als Sieg einstufte und aus den letzen Spielen wusste, wie leicht
Thomas mal einen Bock schießt, sagte ich: JA! Jürgens Partie war bald darauf
auch remis und mein Gegner streckte die Waffen. Es stand 2:1. Und was machte der
Rest. Marc hatte sich die bessere Position erarbeitet. Richard den Bauern zurück
gewonnen und bis auf Turm und Springer alle Figuren abgetauscht. Da der weiße
c-Bauer aber noch auf c3 stand und nicht auf c5 und der Königs sich relativ
bequem ins Zentrum begeben konnte, dachte ich, dass Richard ums Remis noch
kämpfen musste. Hans-Henrik hatte inzwischen die überlegene Position und ich
rechnete mit einem Sieg. Der Gegner von Heinz machte keinen Versuch, den Angriff
aufzuhalten oder eine Gegenattacke im Zentrum zu gestalten. Er schien sich nur
noch auf Verteidigung einzulassen, was in solchen Stellungen nicht gut gehen
kann. Und bei Julian brannte das Brett. Julians König war in der Mitte des
Brettes gefangen. Der Gegner hatte dafür unmotiviert einen Turm gegeben und eine
Fesselung aufgebaut. Aber nur mit Läufer, Turm und Dame gegen Springer, zwei
Türme und Dame war die Fesselung des Springers nicht so einfach auszunutzen.
Johannes musste trotzdem höllisch aufpassen und verbrauchte viel Bedenkzeit. Bei
Marc lief alles super. Das Springeropfer auf f7 habe ich sofort gesehen, Marc
natürlich auch. Drei Züge später stand es 3:1. Richard stand mittlerweile
mindestens ausgeglichen, wenn nicht gar leicht besser. Heinz stand auf Gewinn,
sein Gegner konnte drohendes Matt oder Damenverlust nicht verhindern und gab
zwei Züge später auf. Hans-Henrik war in einem Turmendspiel mit 3 Mehrbauern
gelandet und ich fragte mich, warum sein Gegenüber nicht aufgab. Johannes
näherte sich der Zeitkontrolle und macht seinen 40. Zug 1,5 Minuten davor. Ich
weiß nicht mehr, wer es war der Johannes dann aufmunternd auf die Schulter
klopfte. Ich bekam nur noch mit, wie der Gegner fragte: "Haben sie ihm auf die
Schulter geklopft, weil er einen so guten Zug gemacht hat oder weil er die
Zeitkontrolle überstanden hat?" Zumindest hat Leinzell nicht den Humor verloren.
Richards Endspiel (Turm und d,c-Bauern gegen Turm und g,h-Bauern) sah auf den
ersten Blick verdächtig nach Remis aus. Aber bei näherem Hinsehen war erkennbar,
dass der Weiße König so schlecht platziert war, dass Richard mit Schach einen
Bauern erobern konnte und so kam es, wie es kommen musste: 5:1. Johannes Gegner
hatte die Stellung komplett vermasselt und hatte nach erzwungenem Turmtausch
nichts mehr drin. Und auch Hans-Henrik machte den Sack zu. Mit 7:1 machten wir
einiges an Boden gut. Und wenn wir im nächsten Jahr gegen Ellwangen und
Willsbach die gleiche Leistung zeigen, sollte der Klassenerhalt drin sein.
Übrigens hat sich die Lage mit dem Hotel Kastell geklärt. Wir bleiben drin und
alles wird vorerst so weiter laufen, wie bisher. Gegen halb fünf gab es noch
eine Helfersitzung für das Nikolaus-Jugend Open. Ich korrigiere: 16:30 Uhr war
der offizielle Termin, angefangen haben wie erst 17:15, weil die Person, die das
alles koordinieren sollte, zu spät kam. Nicht wahr, Saygun?
Eintrag #34 (vom 5.12.02)
Ich glaube, dieser Eintrag wird sehr kurz, denn an dem Abend war nix los.
Die vorletzte Runde der Stadtmeisterschaft stand auf dem Programm und ich musste
gegen Vesper spielen. Obwohl ich mit Weiß meiner Meinung nach ständig leichte
Vorteile hatte, gelang es mir nicht, diese umzusetzen. Wir landeten in einem
Leichtfiguren-Endspiel und nachdem ich überflüssigerweise zu viele Bauern
abgetauscht hatte, war mein Springer nicht mehr stärker als sein Läufer und wir
einigten uns auf Remis. Jürgen, der noch einen Punkt zum vorzeitigen Sieg der
Stadtmeisterschaft benötigte, spielte gegen Wickenheisser, der seinerseits eine
sehr gute Partie spielte. Es stand lange Zeit ausgeglichen, doch zum Schluss
verließ ihn die Konzentration und er machte einen Fehler, den Jürgen sofort zum
Gewinn nutzen konnte. Gratulation zum Sieg! Hans-Henrik May spielte am
Nachbarbrett gegen Eugen und ich hoffte, dass er gewinnen würde. Denn dann hätte
ich in der letzten Runde durch einen Sieg noch die Chance auf Platz zwei zu
landen. Leider war dem nicht so. Das war es eigentlich schon, was ich zu
berichten habe, denn drumherum war nichts besonderes los, zumindest habe ich
nichts mit bekommen. Es gab nur noch einige kleinere Besprechungen zum NJO.
Letztes Jahr hatten wir 238 Teilnehmer und Saygun hatte mich schon vorgewarnt,
dass es 300 Voranmeldungen gab. Halleluja!
Eintrag #35 (vom 6-8.12.02)
4. Nikolaus-Jugend-Open. Da stand eine Menge Arbeit auf dem Programm. Am
Freitag der Aufbau: Es mussten in der Mönchseehalle Matten ausgerollt werden und
dann Tische und Stühle aufgestellt werden (die auch noch in dieser Woche hatten
hierher transportiert werden müssen), sowie die ganzen Schachbretter natürlich.
Dank der vielen Helfer klappte es auch vorzüglich. Und der Hausmeister war
auch super; ich habe selten so einen hilfsbereiten und freundlichen Menschen
gesehen. Gegen 22:00 Uhr waren wir dann auch fertig und wappneten uns gegen den
Ansturm für Morgen. Schon um halb acht waren wir alle in der Halle und machten
die Vorbereitungen. Alle? Nein, nicht alle! Jürgen rief Alex per Handy an, dass
er den Eingang nicht finde. Er stände zwar vor einem Eingang, der wäre aber
geschlossen. Ein Verdacht beschlich mich und ich packte mein Handy aus: "Hi,
Jürgen. Grüß dich. Wie geht's?" "Gut! He, sag mal wo geht es zur Halle rein?"
"Durch den Haupteingang. Aber mal eine andere Frage: Stehst du vielleicht vor
der Neckargartacher Halle?" "Ja." Womit alles klar war; wir haben uns köstlich
amüsiert. Später, als Jürgen zu uns gestoßen war, meinte er, er habe sich schon
gefragt, warum außer ihm niemand da war. "Und hat dich das nicht gewundert?"
fragte Michael. "Doch! Und der Hausmeister hat mir die Halle sogar noch
aufgesperrt!" Saygun: "Mich wundert es , dass der Hausmeister DIR überhaupt
aufgemacht hat." Haha. Bald darauf kam der Ansturm: 345 Jugendliche mitsamt
Betreuern stürmten in die Halle. Ich bekam davon direkt nichts mit, weil ich für
die Computerauswertung zuständig war und abseits im Turnierleiter Zimmer saß.
Die Anmeldung klappte dieser Jahr vorzüglich. Gegen 10:30 Uhr wurden die
Teilnehmerlisten zur Kontrolle noch einmal ausgehängt und wenn es nichts mehr zu
korrigieren gegeben hätte, hätten wir pünktlich loslegen können. Aber natürlich
gab es wie üblich falsche Angaben (falsches Geburtsjahr, DWZ,
Vereinszugehörigkeit usw. waren noch die einfacheren Korrekturen). Aber um 11:00
Uhr ging es dann los. Saygun machte den Fehler, öfters im Computerraum
reinzuschauen und zog immer eine Traube von Jugendlichen hinter sich her. Als
ich dann wieder einmal die Ergebnisse eingeben musste, die mir Michael vorlas
und ich nichts verstand, weil es zu laut war, setzte ich eine grimmige Miene auf
und versuchte möglichst bösartig zu klingen, als ich die Jugendlichen raus warf.
Saygun schaute mich entgeistert an: "So kenne ich dich ja noch gar nicht!" Ich grinste,
Hauptsache ich konnte ihn Ruhe arbeiten. Aber nicht nur Jugendliche, auch einige
Erwachsene schmiss ich aus dem Turnierleiterzimmer raus. Jeder, der störte, flog
einfach. Alles lief ganz ruhig, Stress kam nur durch Alex auf. So suchte Saygun
seine Tasche mit den vorbereiteten Umschlägen für die Siegerehrung und konnte
sie nicht finden. Alex: "Ich habe die Tasche extra zur Seite gelegt, weil sie so
wichtig war. Und jetzt finde ich sie nicht mehr." Und das Telefon mit dem Alex
zur Turnierleitung (sprich mir) Kontakt halten sollte, lag irgendwann verlassen
im Raum. Alex war am Ende so fertig, dass er, als Reiner Scholte ihn mit der
Videokamera aufnahm, entsetzt rief: "Was, nimmst du mich etwa auf?" und sofort
aus dem Raum flüchtete. Lustig war auch die Episode mit den Blitzuhren. Ich weiß
nicht, seit wie vielen Jahren es diese Uhren schon gibt, sicherlich 7 Jahre; und
es gibt immer noch einige, die solche Uhren nicht gesehen haben. Als sich
deswegen jemand an Saygun wandte und fragte, was das denn für Uhren sind, sagte
Saygun: "Das sind Blitzuhren. Keine Sorge, jeder Gruppenleiter kennt sie." Dumm
war nur, dass just Uwe auftauchte und Saygun eine Uhr vor die Nase hielt:
"Saygun, was sind das für Uhren. Die habe ich noch nie gesehen!" Nachdem alles
vorbei war, ging es noch ans Aufräumen. Zum Glück stand er Sonntag auch noch zur
Verfügung. Am Samstag hätten wir nie im Leben alles gepackt. Am Sonntag war dann
eine kleine Schar am Aufräumen. Nachdem die ganzen Stühle und Tische abgebaut
waren, ging es daran, die Matten aufzurollen. Hier musste man aufpassen, dass
man nicht schief aufrollte. Michael hatte dies gut im Griff. Aber Johannes und
Sascha brauchten für eine Matte sage und schreibe 12 Minuten. Ich habe mich
kaputt gelacht. Generell war ich an diesem Tag gut drauf. Beim Aufrollen der
Matten zum Beispiel kniet man auf dem Boden. Saygun und Michael begannen kniend
eine Matte aufzurollen. Ich schnappte mir schnell zwei Schoko-Goldtaler und
stellte mich vor die beiden auf die Matte. Sie sahen zu mir auf. "Der König
dankt für eure Dienste!" sprach ich und schnippte jedem einen Goldtaler vorne
hin. Diese Szene hätte jemand mit der Kamera aufnehmen sollen. Die
Gesichter der beiden waren köstlich. Gegen 14:00 Uhr waren wir dann fertig. Geschafft
fuhr ich nach Hause.
Eintrag #36 (vom 12.12.02)
Endrunde der Stadtmeisterschaft. Hans-Henrik hatte sich nach oben gearbeitet
und war mein Gegner. Zu meinem Vorteil hatte ich Weiß. Es kam zum Damengambit
und ich kam super aus der Eröffnung raus und konnte im direkten Verlauf einen
Bauern gewinnen. Bei der Frage, ob ich diesen mit den Turm oder Läufer nehmen
sollte, entschied ich mich für den Läufer. War keine gute Idee, weil ich diesen
zwei Züge später notgedrungen gegen seinen Springer tauschen musste und ihm
somit das Läuferpaar überließ. Hans-Henrik spielte großartig und machte Druck.
Ich wurde in die Verteidigung zurückgedrängt. Zwar konnte ich eine Figur
gewinnen, aber durch meine Grundreihenschwäche würde ich dann in ein Matt
hineinlaufen, folglich konnte ich nur auf Zugwiederholung spielen. Ich blickte
auf das Nachbarbrett. Horst Vesper stand auf Gewinn gegen Egon. Wenn ich remis
machte, hätten wir beide gleich viele Punkte und die Buchholz musste
entscheiden. Das konnte aber knapp werden, da einer meiner Gegner, Nawratil,
schon früh aus dem Turnier ausgeschieden war und ich dadurch mit der
Buchholzzahl jede Runde an Boden verlor. Also entschloss ich mich, weiter zu
spielen. Durch ein Damenopfer kam ich in ein Endspiel Turm, Springer, Läufer und
Bauer gegen Dame, wobei ich den Bauern wieder zurückgeben musste, um einem
Dauerschach zu entgehen. Mein Problem war, dass ich meine Figuren noch nicht
koordiniert hatte. Dies dauerte sehr lange und ich machte auch noch einen
Fehler, den Hans-Henrik nicht sah. In der Folge kamen meine Figuren immer besser
ins Spiel und irgendwann konnte Hans-Henrik einen Bauernverlust nicht mehr
vermeiden und gab dann auf. An diesem Abend habe ich dann auch mit dem neuen
Betreiber des Hotel Kastells geredet. Er möchte zwei Dinge ändern: 1. Die
Tiefgarage steht uns nicht mehr zum Parken zur Verfügung; er braucht den Platz
für die Hotelkunden und 2. Die Getränkepreise werden auf das Normalniveau
angehoben. Okay, das ist verständlich und durchaus fair. Ach ja, zur Abwechslung
gab es mal wieder neue Gesichter zu sehen. So beehrte uns der zweite
Vorsitzende, Richard Wollrab, mal nach langer Zeit wieder im Verein und auch
Jochen war anwesend.
Eintrag #37 (vom 14.12.02)
Hohoho. Der Weihnachtsmann steht vor der Tür. Na, ja. Nicht ganz, aber die
Weihnachtsfeier fand trotzdem statt. Im Gegensatz zum letzten Jahr waren
deutlich mehr Leute da. Wie üblich gab es ein nettes Programm. So hatte Saygun einen
Jahresrückblick mittels Powerpoint vorbereitet und, wie üblich, gab es Jochens
Show, in der bekanntermaßen Leute hochgenommen werden. Aber auch ich hatte eine
Kleinigkeit vorbereitet. Mehr dazu später. Saygun machte ganz spontan (haha) den Anfang. Sein
Rückblick zeigte Bilder und war gut gelungen. Bei Jochen hingegen waren
erstaunlicherweise nicht nur so genannte "Gemeinheiten" zu sehen, sondern
er lobte auch einige Personen (Ja, das hat Jochen wirklich gemacht!). Und er
machte sogar Werbung für mein Schachtagebuch! Die Präsentation war kurzweilig und gut.
Danach fingen die Gespräche an. Kurz darauf
unterbrach Saygun das Geschwätz: "Darf ich mal kurz um Aufmerksamkeit bitten!
Mir ist aufgefallen, dass einige Leute sich noch nicht kennen. Wenn sich doch
der Reihe nach alle vom Verein mal vorstellen können, damit jeder weiß, wer wer
ist. Ich selbst mach mal den Anfang." so stellte sich Saygun vor, dann Jürgen, Nhi und Julian: "Hallo, ich bin der Julian und die rechte Hand vom Saygun."
Großes lachen. Saygun: "Das wusste ich noch nicht, aber ich werde noch darauf
zurückkommen." So ging das Wort reiherum. Mein Auftritt kam etwas später. Ich
hatte einen kleinen Aufsatz vorbereitet, einen Aufsatz eines kleinen Jungen, mit
dem Titel: "Wenn ich einmal groß bin", der dann Schachgroßmeister werden möchte.
Und da Jochen ein dankbares Opfer ist, ließ ich es mir nicht nehmen zu
verkünden, dass Jochens Mutter mir diesen Aufsatz gegeben habe. Und das Beste
war, dass man bei einigen Formulierungen wirklich den Eindruck hatte, sie könnten
von Jochen stammen. Einfach köstlich. Ich hatte viel Spaß dabei, die anderen
auch. Selbst Jochen gab später zu, dass es gut war. Da musste ich natürlich
versprechen, dass er zu seinem Geburtstag diesen Aufsatz eingerahmt bekommt. Die Feier ging bis ca. 23:00 Uhr. Ein
anschließendes Tandem kam leider nicht zustande. Gewisse Leute mussten ja noch
am Sonntag spielen. Übrigens haben dann am Sonntag sowohl die zweite, als auch
die vierte Mannschaft gewonnen. Nicht schlecht.
Eintrag #38 (vom 19.12.02)
Dies ist er, liebes Schachtagebuch, der letzte Eintrag für dieses Jahr.
Heute war der letzte Spielabend, und Mannschaftskämpfe stehen auch nicht mehr
an. Auf dem Programm stand einmal das Weihnachtsblitz und auch noch die
Siegerehrung der Stadtmeisterschaft. Als ich eintraf, hockte schon eine
schwergewichtige Fraktion an der Bar: Kafi, Andreas Warsitz, Eugen und noch ein
paar Leute. "Du musst dich nicht beeilen", sagte Andreas, "Walter ist noch nicht
da." "Walter?" fragte ich verdutzt zurück. "Pungartnik, er kommt um zwei
Ehrungen durchzuführen." So, so, da werden zwei Personen aus dem Verein geehrt
und der Vorsitzende weiß von nichts. Der Kommunikationsfluss innerhalb des
Vereins strömt wohl durch Afrika. Na ja, geehrt wurden zwei Urgesteine (lt.
Pungartnik) des Schachs: Bernhard Pröll und Wolf Böhringer für ihre jahrelange
Arbeit. Unser Vereinspressefotograf, Saygun machte Bilder. Allerdings ist er
noch nicht so fit darin, wie es scheint, Die Ehrung Prölls mit dem
Händeschütteln dauerte über 20 Sekunden, bis das Bild im Kasten war. Pungartnik
zu Wolf: "Jetzt weißt du, was dich noch erwartet." Hohoho. Die Siegerehrung der
Stadtmeisterschaft konnte nicht stattfinden, weil Jürgen Menschner noch auf der
Weihnachtsfeier vom Betrieb war und erst später kommen konnte. Alex schob sie
auf. Es gab da wohl einige Unklarheiten bezüglich des Zeitpunktes; zu Eugen und
Andreas sagte er anscheinend: nach dem Turnier. Als Jürgen früher eintraf, wurde
das Weihnachtsblitz unterbrochen und die Ehrung fand ohne Eugen statt, der erst
später kam. Das Blitz verlief bei mir mehr so unter lala. Das fing an, als ich
in einer Gewinnstellung gegen Saygun die Dame einstellte. Aber Sezginadse
revanchierte sich dadurch, dass er mich Patt setzte. "Hast du ein Dusel"
kommentierte Johannes. Saygun und Julian stimmen natürlich voll überein. Nachdem
ich mein zweites Colabier bestellt hatte schien es etwas bergab zu gehen. Gegen
Heinz stellte ich eine Figur nach der anderen ein. Gegen Johannes fiel das
Blättchen und als ich auch noch gegen Amadeus Eisenbeisser verlor, sagte ich im
Stillen: Ho, Ho Hol's dir die Punkte. Was mich aber umgehauen hatte, war das
Wächter in der Schlussrunde punktgleich mit mir war. Ja, aufgrund der besseren
Feinwertung machte Wächter sogar den zweiten Platz! Die Endtabelle lies Alex von
hinten nach vorne vor. Als ich aufgerufen wurde, stand ich ganz automatisch auf
und ging nach vorne. "He Christian, es gibt kein Preisgeld." Saygun oder Julian:
"Hol dir wenigstens einen feuchten Händedruck ab. Was ich auch machte.
Hinterher gab's Tandem: Say und Jul gegen Chefe und Fruchtzwerg. Saygun bestand
übrigens darauf, dass die vorletzte Partie, die einzige war, die zählte. Könnte
vielleicht daran liegen, dass es die einzige Partie war, die sie gewonnen
hatten. Aber wie sagte Johannes: "Es tut gut mit einem Sieg nach Hause zu
gehen." Wie recht er hat. Ich habe dann allen auch frohe Weihnachten gewünscht.
Aber natürlich wollte ich nicht bei Saygun ins Fettnäpfchen treten und hatte
schon zuvor gefragt, ob er als Ungläubiger überhaupt Weihnachten feiert. Ho, Ho,
Hol' s dir.
Eintrag #39 (vom 26-30.12.02)
Ja, so kann man sich irren. Es gab im letzten Jahr doch noch ein
Schachereignis, das ins Tagebuch aufgenommen werden muss. Kurzfristig erfuhr ich
von Saygun, dass er mit ein paar wenigen Jugendlichen nach Köln zu einem Open
fährt. Ganz spontan entschloss ich mich mitzufahren. Wir wollten uns um ein Uhr
treffen und einmal dürft ihr raten, wer nicht pünktlich war. Aber schließlich
tauchte Saygun auf und wir (Saygun, Stefan, Ramin, Sascha und ich) fuhren los.
Es regnete, was aber durch das Klappern der Scheibenwischer (Saygun: "Oh, die
hätte ich schon längst auswechseln sollen.") nicht zu hören war. Nach einer
guten Fahrt kamen wir in Köln an und fanden auch fast auf Anhieb die
Jugendherberge. Das 5er Zimmer war riesengroß, es war nämlich behindertengerecht
ausgestattet (auch das Bad.) Sascha: "Das Zimmer ist wirklich in Ordnung, so
groß hätte ich es mir nicht vorgestellt." Ramin: "Es ist ja auch ein
Behindertenzimmer." Saygun: "Andere Leute haben Behinderungen, wir - Stefan." Das
Beziehen der Betten dauerte bei Sascha und Stefan etwas länger. Sascha: "Das
Kopfkissen passt nicht rein." Nach einigen Minuten Arbeit bricht Sascha in
Lachen aus: "Schaut mal her, ich habe einen Fußball!" Ich: "Vielleicht solltest
du das Kissen quer reinstecken, nicht längs." Stefan kämpfte derweil immer noch
mit seinem Bettzeug und fluchte. Saygun griff zur Digitalkamera, um dieses Chaos
aufzunehmen, stieß bei Stefan auf wenig Zustimmung. Es wurde beschlossen,
erstmal essen zu gehen. Wir liefen lange durch die Kölner Innenstadt, fanden
unzählige McDonalds oder BurgerKings, aber keine Pizzeria. Wie es sich
herausstellte, lag es daran, dass wir immer die falschen Straßen entlangliefen.
Schließlich fanden wir eine, nicht nur eine x-beliebige, sondern diejenige, die
sich rühmte, die größten Pizzas von Köln auf den Tisch zu bringen. Die Pizzeria
war echt gut, auch wenn wir lange aufs Essen warten mussten, weil viel los war.
Aber wir bekamen als Vorspeise die kleinen Brötchen mit Knoblauchbutter als
Aufstrich. Schließlich kamen die Pizzen: Stefans, Ramins (Mini-pizza), Sayguns
und bei der nächsten Pizza rief Sascha hier. Meine ließ auf sich warten und
warten. Fast zehn Minuten später kam die Pizza - mit Sardellen drauf. "Hmm,
eigentlich hatte ich eine Pizza Diavolo bestellt und keine mit Sardinen. Sascha:
"Und bei mir fehlen die Sardellen. Wenn ich mir die Pizza genau betrachte, die
ich gerade esse, könnte es eine Pizza Diavolo sein." "Toll, du frisst die ganze
Zeit meine Pizza und merkst es nicht. Wieso hast du dann 'mir' gerufen, als der
Kellner gefragt hat, wem die Pizza gehört?" "Ich war so hungrig, ich hätte alles
gegessen." Damit hatten wir schon was zum Lachen. Auf dem Rückweg zur
Jugendherberge laberten wir noch ein wenig auch noch über das Essen und gaben
auch einige blöde Bemerkungen ab. Sascha zu Stefan: "Andere Leute müssen erst 5l
Wodka trinken, um so einen Scheiß heraus zu schwallen." Sascha packte noch sein
polnisches Schachklappbrett aus, wo die Bauern dicker als hoch war. Sah lustig
aus. Ja, das war schon der erste Tag. Am zweiten Tag verlor die Jugendherberge
an Punkten: Es gab kein Nutella zum Frühstück. Auf der Fahrt zum Turnierlokal
verfuhren wir uns ein wenig Dank des genialen Routenplaners: Biegen sie
halbrechts ab statt Folgen sie der Straße. Egal, wir erreichten das
Spiellokal der Schachfreunde Mülheim noch rechtzeitig: Ein alter Backsteinbau
mitten im Park. Sah schrecklich aus. Und hier sollte ein Open stattfinden?
Saygun: "Als ich angerufen habe, sprachen die von 40 Teilnehmern." Die
Rheinländer neigen wohl zur Übertreibung, es waren
27. Die Begrüßung der Teilnehmer begann mit dem Knacken einer Ratsche, die der Stratira-Gott herumwirbelte (ca. 70, weiße Haare mit einem Ranzen). Im kölscher
Dialekt wandte er sich an die Kids und sagte, dass Ruhe und Toleranz ganz
wichtig seien und wer Lärm mache, fliege raus. Das erinnerte mich an eine andere
Person und ich meinte zu Saygun, dass dies durchaus eine ältere Version
derjenigen Person sein könne. "Du bist gemein", sagte er, gab aber am letzten
Tag zu, dass ich Recht habe. Immerhin meinte Saygun, der Mann kann für
Ruhe sorgen, er hätte noch nie so ruhige (eingeschüchterte) Kinder gesehen. Der
Vormittag lief erwartungsgemäß gut für die Jugendlichen. Gegen Mittag gingen wir
ins Zentrum von Mülheim essen: Das war der Beginn einer Fastfood-Ernährungskette:
BurgerKing, Kebap, McDonalds prägten die kulinarische Landschaft. Auf dem
Rückweg hüpfte direkt vor dem Eingang des Spiellokals eine fette Ratte über den
Weg und verschwand im Gebüsch. Toll dachte ich, das passt zum Gebäude.
Schachlich gesehen war der Tag nicht so erfolgreich. Nur Sascha gewann beide
Partien. Stefan verlor eine Partie und auch Ramin ließ in besserer Stellung ein
(Selbst-)Matt mit Springer und Läufer zu. Nachdem wir zurück waren und Nusspli
besorgt hatten, schauten wir uns kurz noch ein paar Partien an und gingen in die
Innenstadt essen. Eins muss man Köln lassen, die haben wirklich gute Namen für
Kneipen: Der fiese Kunibert oder Sonderbar. Ach ja, später am Abend sah Saygun
beim Blitzen kein Land, war wohl der Grund dafür, dass am nächsten Tag Saygun
sagte: "Heute spiele ich kein Blitz!" Die erste Runde lief gut, besonders
Stefans Gegner (U8) konnte einem Leid tun. Stefan war früh fertig und ja, wir
schauten uns dann das Stratiraspiel an. Wir spielten gerade zwei Partien, als
der Stratiragott vorbeischaute und fragte: "Wer ist von euch der bessere
Spieler?" Ich reagierte zu langsam, als Folge musste ich eine Partie gegen ihn
spielen und verlor. Die anderen hatten ihren Spaß dabei. Zur Mittagspause ging
es dann zum Mac. Auf dem Rückweg trafen wir einen alten Bekannten: die Ratte.
Wieder hopste sie vor dem Gebüsch herum. Damit war klar, sie wohnt hier. Die
vierte Runde stand an. Es sah alles gut aus, Sascha stand positionell auf
Gewinn, der Gegner hatte seinen Läufer selbst eingesperrt und spielte quasi mit
einer Figur weniger und auch bei Ramin und Stefan sah es gut aus. Ich packte
mein Buch (Thief of Time) heraus und las ein wenig. Als ich wieder zu den
Brettern schaute, hatte Sascha unnötig eine Figur geopfert. Aber, da die
gegnerische Figur immer noch nicht im Spiel war, stand er trotzdem nicht
schlecht, bis er dummerweise den Springer so schlecht platzierte, dass er
ihn hergeben musste und dann ging es den Bach herunter. Krönung war das
Grundreihenmatt. Dieser Punktverlust war bitter. Zurück an der Jugendherberge
bewunderten wir Sayguns Parkkünste: "Da komme ich nicht rein!" "Da ist so viel
Platz, dass du auch quer reinparken könntest." Ja, und das Abendessen nahmen wir
in der Pizzeria der deprimierten Gesichter ein. Direkt bei der Jugendherberge
war eine, die aber an den Abenden zuvor immer recht leer war; daher die
deprimierten Gesichter der Kellner. Wir bestellten was zum Essen. Als die Pizzas
kamen schaute Sascha seine Pizza an, die etwas kleiner ausgefallen war und
meinte: "Ich habe doch keine Kinderportion bestellt!" Die Dinger waren wirklich
klein, kein Vergleich zur ersten Pizzeria. Nur Ramin, der Spaghetti bestellt
hatte, bekam eine große Portion. "Ich habe eben das Richtige bestellt", meinte
er. Noch! Aber als er am nächsten Morgen kotzen musste, war er nicht mehr der
Meinung. Aber er fing sich wieder. Am Nachmittag gab es das erste Vereinsduell
und Ramin konnte auf Grund eines Fehlers von Sascha das Remis halten. Ach ja,
bevor ihr fragt: Ja, die Ratte war immer noch da. Mich dünkt, es könnte das
Vereinsmaskottchen von Mühlheim sein. An diesem Nachmittag entschied sich schon,
dass Sascha nicht mehr gewinnen würde können. Der führende im Turnier lag ohne
Punktverlust alleine in Führung. Und obwohl Sascha seid 2 Runden auf Platz 2
lag, wurde er nicht gegen den Spitzenspieler gelost! Das Programm Swiss-Chess
ist wirklich Scheiße, es legt viel zu viel Wert auf die Farbverteilung als auf
den Tabellenstand. Gut, den Abend verbrachten wir in der Jugendherberge mit
Pizzaessen (Pizza-Service) und Kreml spielen. Montag, der letzte Tag: Obwohl
Saygun die Info bekommen hatte, dass wir bis halb elf im Zimmer bleiben könnten,
klopfte schon eine Stunde früher eine Putzfrau ans Zimmer und meinte (recht
unhöflich), dass wir das Zimmer sofort räumen müssen. So was geht mir ab; ich
hätte sie fast zusammen geschissen, aber ich hielt mich noch zurück. Die letzte
Partien standen an, wobei Stefan und Ramin gegen einander spielen mussten.
Saygun und ich nutzten die Zeit zum Blitzen (3 Minuten). Es war grausam. In
jeder Partie stand ich auf Gewinn, es gab wirklich keine einzige Partie, in der
Saygun besser oder auch nur ausgeglichen stand. Aber ich war langsam. Es stand
2:2 und danach verlor ich zeitmäßig jede Partie. Es waren sicherlich 10 oder
noch mehr Partien, bei denen mein Blättchen fiel. Saygun freute sich wie ein
kleines Kind. Hm... eigentlich freut er sich ja immer, wenn ich verliere. Is' ja
auch egal. Ramin und Stefan schoben ein Remis und Sascha spielte mal wieder am
längsten. Das hatte den Vorteil, dass wir nicht so lange bis zur Siegerehrung
warten mussten. Na, und dann ging es nach Hause.
Eintrag #40 (vom 2.01.03)
Neujahrsblitz oder genauer gesagt das Monatsblitz vom Dezember stand auf dem
Programm. Klar, dass ich mir dies nicht entgehen ließ, ebenso wenig wie 14
andere Spieler, wie Jaro, Jürgen, Saygun, Marc. Es hätten auch mehr sein können,
da Eugen und Andreas später vorbeikamen und nicht wussten, dass ein Blitzturnier
anstand. Da unser Spielleiter beim Open in Untergrombach mitspielte, übernahm
Saygun die Turnierleitung. Gleich in der zweiten Runde kam ich gegen Jürgen,
gewann in der Eröffnung einen Bauern und spielte daraufhin so schlecht, dass ich
verlor. Gegen Jaro gleich darauf leiste ich mir auch einen Bockmist; und Jaro
hatte in einem Turmendspiel drei Mehrbauern, wir landeten im Endspiel Turm gegen
Bauer, dass ich durch einen Fehler Jaros remis hielt. Ich konnte es mir nicht
verkneifen Jaro darauf hinzuweisen, dass er nächsten Donnerstag vorbeikommen
solle, da ich an diesem Tag einen Vortrag über eben dieses Endspiel halten
werde. Saygun blickte Jaro noch vorwurfsvoll an: "Ein Remis ist ein Remis
zuviel." Ich grinste nur. Als ich darauf spielfrei hatte, wollte ich Ralf
ansprechen, weil ich bei ihm ein Schachbrett kaufen wollte, aber der war weg.
Erst nach Ende des Turniers bekam ich mit, dass er sich wegen des ständigen
Drückens der Schachuhr von Bernd geärgert hatte und das Turnier verließ. Also so
kann man das Turnier nicht gewinnen. Ah, und dann kam ich gegen Saygun. Den Sieg
wollte ich mir nicht nehmen lassen, denn ein Remis wäre ein Remis zuviel! Ich
kam in ein Endspiel mit einem Mehrbauern und konnte es noch klassisch verwerten
und musste nur noch mit Dame gegen Turm gewinnen, was im Blitzen nicht so
einfach ist. Aber da fiel Sayguns Zeit und ich strich den ganzen Punkt ein. In
der Tabelle hatte ich nun mit Jaro aufgeschlossen, der inzwischen ebenfalls
hatte Federn lassen müssen. Am Ende gewann ich mit einem halben Punkt Vorsprung.
Die Siegerehrung hätte ich fast verpasst, weil Saygun von vorne anfing und nicht
von hinten (wie unser Spielleiter): "Erster wurde Christian Wolbert, mit 12 aus
14 Punkten, der gesagt hat, dass er das Preisgeld dem Verein spendet." Guter
Witz, Saygun. Ich werde mich bei Gelegenheit revanchieren. Kurz darauf tauchte
Alex auf. "Wer hat gewonnen?" fragte er. "Ein Zufallsspieler", erwiderte Marc.
"Aha, Christian", sagte Alex wie aus der Pistole geschossen. "Zufallsspieler ist
eindeutig." [Anmerkung: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich per
Zufall 12 aus 14 hole? Robin? Man kann sicherlich mit mir übereinstimmen, dass
die Wahrscheinlichkeit geradezu molekular ist. Das ist Können, nicht Zufall,
Marc, du altes Lästermaul. Apropos, schaut euch mal die glorreiche Strategie des
Franzosen in der Diplomacypartie 504 bei
Ludomaniac an]. Saygun fragte Alex
wie er im Open gespielt hatte. "Ich habe die erste Partie schön verloren",
gestand er. Saygun, Marc, Jürgen und ich begutachteten gleich die Partie. Zwar
war die Partie mit dem gedeckten Frei- (und Mehr-) Bauer von Schwarz schon
positionell gewonnen, aber die Verwertung wäre nicht einfach gewesen. Alex hat
zu früh aufgegeben. Und dann kam Hubert, der mich fragte, wie es mit einem
Blitzvergleichskampf zwischen Heilbronn und Biberach aussehe. Klar habe ich dazu
Lust, muss allerdings zuerst 10 Leute auftreiben. Wer also im März Zeit hat,
soll mir Bescheid geben. Okay, wir blitzen, ich gewann. Hubert: "Eine Revanche
und dann gehe ich." Kurz darauf stand es 4:0. Hubert: "Ja, du hast mir schon 14
Partien voraus. Du bist warm geblitzt." "Du meinst wohl eher, ich bin durch die
vielen Partien schon erschöpft?" Am Ende war ich mit einem 7:0 sehr zufrieden.