Kommentare zu #412

 

Darth Schnauf-opfer schrieb am Mittwoch, 11. August 2010:

So wie ich das spiele, lande ich nie im Königsgambit, sondern in der Wiener Partie. "Wiener Gambit" gibt es nicht, höchstens Steinitz-Gambit oder Hampe-Allgaier-Gambit. Meine Privatbehandlung des Stellungstyps bringt mir zwar optischen Vorteil, aber tatsächlich stehe ich schlechter, weil meine scheinbar aktiven Figuren einfach mal gar nichts anstellen können, während meine Schwächen von Dauer sind; wenn er sich einfach solide weiter aufgebaut hätte, wäre mein Kampf um Ausgleich ziemlich verzweifelt geworden. In Zukunft behandle ich diese Variante gemäß den Buchplänen und gestehe ein, dass meine eigene Idee (obwohl ich sie jetzt über 10 Jahre verfeinert habe) nix taugt. Glücklicherweise brachte meine unkonventionelle Behandlung meinen Gegner dazu, sehr viel zeit zu investieren, und mir dann auch noch meine aktive Stellung zu glauben. Daher wickelte er in ein für mich eher akzeptables Endspiel ab. Auf Gewinn stand ich nie, weil meine aktiven Türme keine echten Einbruchsfelder hatten. Ich stand genau einen Zug lang besser, doch dann betrat Darth Schnauf den Turniersaal und zerstörte meine Konzentration dermaßen gründlich, dass ich sie bis zum Partieende nicht wiederfand. Seit dies beim Pokalspiel gegen Amorbach ähnlich schlimm war, habe ich bei wichtigen Partien immer Ohrenstöpsel dabei. Wäre mein Gegner nicht in Zeitnot gekommen, hätte ich mich wohl kaum ins Remis mogeln können. Dass Jürgen seinen Sf5 gegen den Le3 getauscht hatte, war ein schwerwiegender strategischer Fehler und im höherem Sinne Partieentscheidend. Dass es ihm nicht gelang zu rochieren, war nur eine Folge davon. "Offensichtlich musste R" dieses Fragment macht wenig Sinn. Ich vermute es sollte mit "obin" weitergehen, aber was musste ich (außer freche Kommentare schreiben)? Simons Partie würde ich mir gerne mal näher ansehen, aber er hat sie bei jedem Analyseabend und auch sonst vergessen. Was Philipp auf dem Brett hatte war kein Zweispringerspiel (dieses entsteht nach 4.Sg5), sondern ein Gespenst aus dem vorigem Jahrtausend, dessen korrekte Bezeichnung mir gerade nicht einfällt (Nicht der Max-Lange-Angriff, aber mit ihm verwandt). Der temporär geopferte Bauer gehört dazu. Allerdings sollte man sich schon ein bißchen auskennen. Philipps Lg5 war schlecht. Sowohl Seg5 als auch Ld2 wären spielbar gewesen. Als wir die Partie analysiert haben, fanden wir auch nach seinem erstem Opfer noch gute Angriffsmöglichkeiten, die den Gegner, hätte Philipp sie nicht ausgelassen, weil er fehlberechneten Varianten hinterher jagte, zu einer sehr genauen und nervenaufreibenden Verteidigung gezwungen hätten. Dass Weiß im Sizilianer mit f4 einen Königsangriff startet ist weder ungewöhnlich noch schlimm - solange Schwarz im Zentrum und am Damenflügel Gegenspiel hat. Da dies gegeben war, gefiel mir Saschas Stellung durchaus und deren Partieverlauf bestätigte dieses Urteil. Allerdings verstand ich nicht, warum er seine Mehrqualle in Gewinnstellung zurückgab. Gegen einen ebenbürtigen Gegner hätte Sascha das Turmendspiel wohl kaum gewonnen. Julians Problem war eine zu optimistische Stellungseinschätzung. Ramin war mit seinem Remis wahrscheinlich äußerst zufrieden, insbesondere, da es recht schmeichelhaft war. Du hattest alter Dusselbauer hattest mal wieder den einzigen Gegner, der aus der Eröffnung raus schlecht spielt und wie gut du im realisieren eines einmal errungenen Vorteils bist, wissen wir ja. Das Ergebnis war unglücklich und schade, aber nicht unverdient.


Cheffes Antwort:
Ui, so ein langer Kommentar. Mist, da muss ich viel dazu schreiben. Okay, fangen wir an:

Punkt 1: Wiener Gambit
Laut meiner ECO-Bibliothek ist das, was du gespielt hast die Oxfordvariante des Wiener Gambits.

Punkt 2: Deine Partie
Eines darf man nicht vergessen, diese Eröffnung bringt den Gegner, wenn er sie nicht kennt, dazu, viel Zeit zu verbrauchen. So wie Lach es gespielt hat, hatte er bequem Ausgleich. Aber das gilt normalerweise auch für jede andere Eröffnung. Es gibt keine Eröffnung, aus der man mit großem Vorteil herauskommt (es sei denn, der Gegner hilft), sonst würde jeder die spielen. Ich habe mal kurz mit Rybka mir das angeschaut. Erst mit 9.Lb2 hast du deinen minimalen Anzugsvorteil verspielt und das Heft aus der Hand gegeben. Das Turmendspiel hatte ich optisch besser eingeschätzt, aber dadurch, dass er das Turmpaar behalten hat, war nichts mehr drin.

Punkt 3: Darth Schnauf
Wie konnte ich diesen Mann bloß vergessen! Man stelle sich Darth Vader vor, wie er atmet, multipliziert das Ganz noch mal mit sich selber, addiert noch mal die fehlenden Dämpfungseffekte der nichtexistenten Maske und man bekommt ungefähr ein Vorstellung, was sich so gegen Ende zutrug, als dieser Zuschauer ins Spielzimmer kam. Echoeffekte verstärkten das noch und ich war nahe dran, ihn aufzuforden, das Spiellokal zu verlassen. Dann hatte ich mir überlegt, dass er ja nichts dafür kann und es noch einmal toleriert. Beim nächsten Mal werde ich aber was sagen.

Punkt 4: Jürgens Partie
Sicherlich, das Schlagen war fehl am Platze, aber anstelle den f-Bauer zu ziehen, war es dort dringend notwendig, die Rochade zu ziehen. Zwar bekommt auch dann Weiß einen sehr starken Angriff, aber Jürgen hätte sich deutlich länger halten sollen, als in der Partie.

Punkt 5: Fragment
Da weiß ich auch nicht mehr, was ich schreiben wollte. Habe es entfernt. R hätte auch für Ramin stehen können.

Punkt 6: Simons Partie
1. e4 c6 2. d4 d5 3. e5 Bf5 4. Nf3 e6 5. Be2 c5 6. c4 Ne7 7. Nc3 dxc4 8.
O-O Nd5 9. Bxc4 Nxc3 10. bxc3 Nc6 11. Ba3 cxd4 12. Bxf8 Kxf8 13. cxd4 Be4
14. Rc1 (14. Re1 Bd5 (14. .. Bxf3 15. Qxf3 Qxd4 16. Bxe6 Nxe5 17. Qxb7 Re8
18. Bxf7) 15. Rc1) 14. .. h6 15. Re1 Bd5 16. Bxd5 Qxd5 17. Qa4 g5 18. Rc5
Qd7 19. d5 exd5 20. e6 fxe6 21. Nd4 Re8 22. Nxc6 bxc6 23. Rxc6 Rh7 24. Qa3+
Kg8 25. Rd6 Qf7 26. Qe3 e5 27. Qc5 Qf5 28. Qxd5+ Rf7 29. Qc5 Rc8 30. Qe3
Rc3 31. Qe2 Rc2 32. Rd2 Rfc7 33. f3 Rc1 34. Rxc1 Rxc1+ 35. Kf2 Rc3 36. Qb5
Rc8 37. Qd5+ Kh8 38. a4 g4 39. Qd7 Qxd7 40. Rxd7 gxf3 41. gxf3 Rc2+ 42. Kg3
Rc3 43. Rxa7 e4 44. Rf7 Ra3 45. Rf4 exf3 46. h4 Kg7 47. h5 Kg8 48. Kg4
1/2-1/2

Punkt 7: Philipps Partie
Auch hier sagt ECO: Zweispringerspiel im Nachzuge. Ja, Lg5 war schlecht. Nach dem Opfer gab es durchaus noch bessere Alternativen. Eine Variante hatte ich auch noch gesehen mit dem Turmopfer im 16. Zug.

Punkt 8: Saschas Partie
Wie du so schön sagst: f4 ist kein Problem, wenn Schwarz im Zentrum oder Damenflügel Gegenspiel hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte Sascha Null Gegenspiel. Weiß hätte sich mit f4 noch Zeit lassen sollen, so bekam Sascha Gegenspiel. Aber Weiß hatte selber schlecht gespielt. Sd4 war doch ein hübsches zentrales Feld. Die Rückgabe der Qualität war zu dem Zeitpunkt nicht zu vermeiden, weil Sascha auf Matt stand. Er hatte vorher die Stellung versaut. Aber so kam er in ein einfaches Endspiel, das er gewann.

Punkt 9: Die anderen Partien
Was soll ich sagen, Julian und Ramin hatten nie mehr drin. Und ich tat mich ziemlich schwer, meinen Vorteil zu verwerten, weil ich das Einbruchsfeld für meinen Turm nicht gesehen hatte und mein Einbruch nicht korrekt war. Hier hätte er mir meiner Berechnung nicht trauen dürfen.


ECO-Ablehner schrieb am Dienstag, 17. August 2010:

Die ECO-Eröffnungsnomenklatur ist ziemlicher Unfug. Sie ist weitgehend willkürlich, in sich wiedersprüchlich und geht an der Partie- und Vorbereitungsrealität meilenweit vorbei. Sie ist ungefähr so vernünftig, wie die Biologen-Nomenklatur, welche Erdbeeren als Nüsse bezeichnet, weil die kleinen Dinger auf dem Fruchtkörper tatsächlich Nüsse sind (Oder so ein dämliches selbsternanntes Gremium, das Pluto seinen Planetenstatus aberkannt hat).
Lb2 ist exakt der Zug, auf den sich meine Kritik bezog. In Zukunft rochier ich da.


Cheffes Antwort:
ECO versucht eine Ordnung im Strüppungsdickicht der Eröffnungen hineinzubringen. Ich stimme mit dir soweit überein, dass die Einordnung manchmal sehr, sehr seltsam anmutet. Aber als ziemlichen Unfug will ich es nicht bezeichnen.

Das Erdbeeren keine Beeren im botanischen Sinne sind, wusste ich, dass sie aber unter Nüsse eingeordnet sind, ist mir bis dato unbekannt gewesen. Man lernt nie aus.

http://www.save-pluto.org/index.html
Vermutlich war Xena schuld, die etwas größer als Pluto ist, und man folglich auch als Planet hätte klassifizieren müssen. Das hätte seinerseits Tausende von Vätern im Amiland in Konfusion gestürzt, wenn sie für Schulprojekte ihrer Kinder ein Sonnensystem zuammenbauen, und nach und nach festellen würden, dass die Garage nicht dazu ausreicht. Abgesehen davon haben Menschen im Durchschnitt weniger als zehn Finger an der Hand. Da kriegen sie Probleme mit dem Zählen.

Kommentar dazu schreiben

Zurück zum Beitrag #412...